Der Clericus Cup jährt sich zum vierten mal
ROM, 12. März 2010 (ZENIT.org).- Strahlend blauer Himmel. Auf der Tribüne des Fußballplatzes erhebt sich eine „La Ola-Welle“. Eine schillernd bunte Fan-Gruppe sticht aus dem vornehmlich schwarz-weiß gekleideten Publikum besonders heraus: als Captain America, Dark Knight, Spider Man, Onkel Sam und King Kong maskiert feuern sie mit „Let’s go Martyrs!“ die Mannschaft der North American Martys an.
Als nach wenigen Minuten das erste Tor zu ihren Gunsten fällt, stimmen sie siegessicher Gloria in excelsis Deo an. Immerhin errangen sie letztes Jahr den zweiten Platz, während die Mannschaft des Polnischen Instituts an kläglicher siebter Stelle rangierte. David gegen Goliath. Aber manchmal passieren eben selbst auf dem Fußballplatz Wunder. Davon sind die Anhänger der polnische Mannschaft überzeugt, die Transparente mit den Fotos und Namen ihrer Spieler hochhalten. Als die Polen mit 7 gegen 5 schließlich gewinnen, kann es auch ihr Trainer Nando Menestò kaum fassen.
Gekämpft wird um den Pokal in Form eines Kardinalhuts. Es handelt sich um die vierte Edition des Clericus Cup: der 2007 auf Wunsch von Staatssekretär Bertone, einem eingefleischten Fußballfan, ins Leben gerufenen vatikanischen Meisterschaft. Ausgetragen wird sie alljährlich von Februar bis Mai im Gelände des Päpstlichen Oratorium St. Peter, im Schatten der Domkuppel. Am vergangenen Wochenende fand der 3. Tag des Turniers statt.
So ungewöhnlich wie die Namen der Mannschaften, „Redemptoris Mater“, „Sedes Sapientiae“, „Mater Ecclesiae“, um nur einige zu nennen, so ungewöhnlich sind auch ihre Spieler. Die werden nämlich uneingeschränkt unter Priestern und Seminaristen der katholischen Universitäten, der internationalen Priesterkollegien und -Seminare in Rom rekrutiert. Die Spieler bezeichnen den Papst stolz als ihren Vereinspräsidenten.
Hier wird das Klischee vom blassen, schmalschultrigen Geistlichen in Soutane Lügen gestraft! Vielmehr hat man Schwierigkeiten sich die durchtrainierten Herren im Trikot nach beendetem Spiel in liturgischem Gewand hinter dem Altar vorzustellen. Aber wahrscheinlich herrscht dieses veraltete Bild vom Priester- und Ordensmann nur noch in Köpfen der unkundigen Laien vor.
Der Sport wird mit weltlichem Ernst angegangen. Viermal Training in der Woche, soweit es der strenge Stundenplan der Kleriker zulässt. Die Regeln sind leicht modifiziert: 60 Minuten Spielzeit ohne Verlängerung, danach direkt Elfmeter. Neben der roten und gelben Karte gibt es außerdem eine blaue Karte für mittelschwere Vergehen, die einen fünfminütigen Platzverweis zur Folge hat. Das sonst unter Laienspielern so verbreitete Fluchen, Kritik am Schiedsrichter oder Unmutsäußerungen über Spielverlauf oder Gegner sind absolut verpönt. Doping natürlich ein Fremdwort.
Die sechzehn Mannschaften treten in zwei Gruppen gegeneinander an. Das Finale wird im römischen Olympiastadium ausgetragen. Als Favorit gilt die aus Neukatechumenen bestehende Mannschaft „Redemptoris Mater“, die 2007 und 2009 den Titel gewann.
Aber Sieg ist nicht alles. Dass sich die Spieler trotz eiserner Regeln auch ihren Spaß auf dem Feld haben, ist nicht zu leugnen. Das gilt ebenso für das Publikum. Jedes Team hat seine Anhängerschaft, Solidarität gilt auch den weniger guten Spielern. So schienen am Samstag die tanzenden und singenden südamerikanischen Schwestern auf der Tribüne völlig ungetrübt darüber, dass das Collegio Pio Latinoamericano im ersten Match mit nur zwei Punkten enttäuschend abschnitt.
„Wenn Du einen Jugendlichen erziehen und auf das Leben vorbereiten willst, sollte das auch über den Sport geschehen“, sagte Monsignore Claudio Paganini, Präsident des „Clericus Cup“, auf der Eröffnung. „Wir können das Turnier als Schule betrachten, in der sich die Priester in Brüderlichkeit üben“, fügt Bischof Josef Clemens, Sekretär des Päpstlichen Laienrates, hinzu.
Die Tugenden Freundschaft und Anteilnahme, aber auch Geduld und Verständnis stehen bei den vatikanischen Meisterschaften eindeutig im Vordergrund. Eine Herausforderung angesichts des bunten Völkergemischs der sechzehn zugelassenen Mannschaften. Alle fünf Kontinente sind mit 65 Ländern vertreten. Während bisher die Italiener die zahlenmäßig stärkste Nation darstellten, sind sie dieses Jahr von den Mexikanern mit 49 Spielern übertroffen worden. Es folgen Brasilien (24) und die USA (21).
„Ich bin in Madrid in der Nähe des Bernabéu Stadions aufgewachsen“, erklärt Don Turrion, der Trainer von „Mater Ecclesiae“. „Real Madrid war immer mein Vorbild, aber unsere Mannschaft ist sogar noch internationaler und multiethnischer. Wie wir uns in den Umkleidekabinen verständigen? Manchmal ist es auf Latein am einfachsten!“
Wenn auch die meisten Spieler unter 35 Jahre sind, weisen einige Teams drahtige Fünfzigjährige auf, die es den jungen Seminaristen zeigen wollen. Natürlich handelt es sich fast ausschließlich um Amateurspieler, jedoch sind ein paar viel versprechende Talente und sogar richtige Berufssportler darunter: Spieler wie der Mexikaner Rolando Laime, der Kongolese Alfredo Mbimi oder der Kenianer Agostino Yuma könnten auch ohne weiteres bei einem professionellen Verein einsteigen. „Ich spielte bei Mumias, das ist die Serie A von Kenia. Aber dann fühlte ich mich zum Priester berufen und bin nun hier in Rom“, erzählt Yuma, der das Trikot des „Istituto Patristico Augustinianum“ trägt.
Jeder Spieler hat seine eigene Geschichte. „Mich haben der Glauben und Sport gerettet“, meint Torschützenkönig Eduardo Sinayobye aus Ruanda (Collegio San Paolo), der im blutigen Krieg zwischen Hutu und Tutsi fast seine ganze Familie verloren hat. Dieses Jahr steht vor allem das Drama des Erdbeben in Haiti im Zentrum des Mitgefühls. Guelce Charles Barthelemy, Stürmer von „Mater Ecclesiae„, stammt von der Karibikinsel: „Während ich spiele, tue ich das im Gedenken an die vielen Menschen, die umgekommen sind. Ich hatte viele Freunde unter den 30 gestorbenen Seminaristen in Port-au-Prince.“
Seit den Anfängen vor drei Jahren habe sich das Niveau des Turniers sowie die Organisation deutlich professionalisiert, heißt es von Seiten des Katholischen Sportverbands Italiens (CSI), der den Wettbewerb veranstaltet. Angepfiffen wurde das Eröffnungsspiel am 20. Februar von dem früheren italienischen FIFA-Schiedsrichter Stefano Farina, flankiert von einem Schiedsrichter mit internationaler Lizenz. Es ist sogar die Rede von einer zukünftigen Nationalmannschaft des Vatikans, die von dem Startrainer Giovanni Trapattoni gecouched werden soll. Um FIFA-Mitglied zu werden, muss der Vatikan sich allerdings noch ein paar Hürden nehmen. Denn international spielberechtigt wären nur vatikanische Staatsbürger, das heißt bisher nur die Kardinäle mit römischen Wohnsitz und die Angehörigen der Schweizergarde. Da die Eminenzen aus Altersgründen eher nicht WM-tauglich sein dürften, würde der potenzielle National-Kader etwas schwach ausfallen.
Aber ob nun der Aufstieg zum eigenen Nationalteam gelingt oder nicht, interessiert derzeit die Teilnehmer des „Clericus Cup“ nicht. Für sie ist gerade dieser Amateurwettbewerb sichtbares Zeugnis der Universalität von Fußball und seiner Fähigkeit, Menschen unterschiedlicher Herkunft anzuziehen und zu vereinen – zusätzlich zu dem alle Spieler verbindenden Glauben. Darüber hinaus kann er als nachahmenswertes Beispiel für fair play und einen sauberen Sport gerade in Hinblick auf die im Juni beginnenden Fußballweltmeisterschaften in Südafrika aufgefasst werden.