Papst setzt erstmals ein Nekrolog in L’Osservatore Romano: sichtbares Zeichen seiner Bewegtheit
ROM, 25. November 2010 (ZENIT.org).- Gestern überraschte der Stellvertretende Pressesprecher des Vatikan, Ciro Benedettini, mit einer traurigen Nachricht aus dem Haus des Papstes. Manuela Camagni, ein Mitglied des Päpstlichen Haushaltes, sei gestern an den Folgen eines tragischen Autounfalls verstorben. Die Nachricht vom Tod erreichte den Heiligen Vater in den frühesten Morgenstunden des gestrigen Tages.
Der Autounfall ereignete sich am Vorabend, am 23. November, in Rom auf der Kreuzung der stark befahrenen Ausfallstrasse Via Nomentana mit der Via Pola. Über den Vorgang des Unfalls sind bisher keine näheren Einzelheiten bekannt gegeben worden. Die 56-Jährige soll beim Überqueren der Straße von einem Fiat Panda erfasst worden sein, der sie mehrere Meter mitschleifte. Sie war in Beisein von zwei Mitschwestern, die jedoch unversehrt blieben. Das Auto soll einer Überwachungsgesellschaft gehören. Trotz sofortiger erster Hilfe vor Ort und operativen Eingriffen in der Universitätsklinik Umberto I. war eine Rettung aussichtslos. Sie erlag im Morgengrauen ihrem schweren Schädeltrauma.
Manuela Camagni gehörte wie die anderen drei Frauen, die sich um das Wohlergehen von Papst Benedikt XVI. kümmern, der 1964 gegründeten Laiengemeinschaft „Memores Domini“ an. Die knapp zweitausend Memores-Mitglieder sind zölibatäre und in Gemeinschaft lebende Laien, die sich der Armut, Keuschheit und dem Gehorsam verschrieben haben und Teil der weltbekannten italienischen Bewegung „Communione e Liberazione“ sind. Sie kümmerte sich um die Appartments der beiden Privatsekretäre Monsignore Georg Gänswein und Alfred Xuereb, die sich unmittelbar über dem Geschoss der Papstwohnung befinden.
Wichtigstes Charakteristikum der „Memores Domini“ ist ihre berufliche Tätigkeit, gleich welcher Art, die sie als Ort der Erinnerung an Christi leben. Sie betrachten ihre mit großer Ernsthaftigkeit und Verantwortung verrichtete Arbeit als tagtägliche Gabe an den Herrn.
Wo hätte Manuela Camagni ihren Dienst besser verrichten können als im Papsthaushalt! Die aus der Emilia Romagna stammende geweihte italienische Frau war, bevor sie mit ihrer Gemeinschaft nach dem letzten Konklave im Jahr 2005 an den Apostolischen Palast gerufen wurde, für den früheren Bischof von Tunis Fuad Twal, dem heutigen lateinischen Patriarch von Jerusalem, tätig.
Ein Privatleben hatte Manuela in dem Sinne nicht. Auf den wenigen von ihr kursierenden Aufnahmen blickt man in das Gesicht einer lebenslustigen dunkelhaarige Frau mit funkelnden Augen. Einer, der man zutraut, dass sie im Haushalt zupackt und dazu gut kocht. Zusammen mit Carmela, Cristina und Loredana galten sie allgemein als die „Schutzengel“ von Benedikt XVI., als die guten Seelen des Hauses.
„Unser Haushalt ist bunt zusammengewürfelt“, gab Gänswein in einem 2008 publizierten Interview zum Besten. „Zwei Deutsche (der Papst und er selbst), vier Italienerinnen (Haushälterinnen) ein Malteser (Alfred Xuereb), die sich vorher kaum kannten! Gesprochen wird natürlich italienisch. Wir mussten erst einen „modus vivendi“ finden. Aber schon nach kurzer Zeit ist eine familiäre Atmosphäre entstanden“.
Dass ihm seine neue „Familie“ ans Herz gewachsen war, betont Benedikt XVI. selbst in dem jüngst erschienen Interview-Buch „Licht der Welt“ von Peter Seewald. Dort liest man, wie wichtig ihm die Menschen seiner direkten Umgebung seien, mit denen er täglich die Mahlzeiten einnehme, Messen und Feste feiere. “ Wir feiern zusammen Weihnachten, hören an den Festtagen Musik und tauschen uns aus. Die Namenstage werden begangen, und gelegentlich singen wir auch eine gemeinsame Vesper.“
Der überraschende Tod von Manuela Camagni hat Papst Benedikt XVI. persönlich schwer getroffen, bestätigt der Osservatore Romano. Als ihn die Nachricht erreichte, zog er sich mit den andern Mitgliedern des päpstlichen Hausstandes in seine Privatkapelle zurück und betete für die Verstorbene das Seelenamt. In der offiziellen Zeitung des Vatikans veröffentlicht der Papst außerdem ein Nekrolog, sichtbares Zeichen seiner Bewegtheit. Denn es ist das erste Mal, dass der Pontifex einer Privatperson solche Ehren zuteil werden lässt.