Bekanntlich fördert der milliardenschwere weltweite Waffenhandel Konflikte, er verschuldet jährlich den Tod, die Verstümmelung und das Leid vieler Menschen. Erstaunlich ist, dass es seit den 90ziger Jahren Restriktionen für den Handel mit und Einsatz von Massenvernichtungswaffen gibt, nicht aber für konventionelle Waffen.
Das soll nun anders werden. Am Dienstag verabschiedete die UN-Vollversammlung mit großer Mehrheit erstmals ein weltweit gültiges Abkommen zur Regulierung des Handels von konventionellen Waffen. Nach einer Stagnation der fast zehnjährigen Verhandlungen im letzten Juli wurde gestern das Ergebnis der Abstimmung mit tosendem Beifall im UN-Hauptquartier verkündet. 154 Staaten, darunter Deutschland, stimmten dafür, 23 enthielten sich, während nur drei Länder, Nordkorea, der Iran und Syrien, wie zu erwarten, dagegen stimmten.
Unter den Begriff „konventionelle Waffen“ wurden neben Handfeuerwaffen auch Kampfpanzer, Artillerie, Kampfjets, Kriegsschiffe, Raketen und Sturmgewehre aufgenommen. Der Vertrag verbietet den teilnehmenden Staaten zukünftig die Ausfuhr von Waffen in Drittländer, wenn „dadurch Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit oder Kriegsverbrechen ermöglicht werden könnten“. Das gilt auch für Zielgebiete, in denen die „Gefahr der ernsthaften Verletzung des humanitären Völkerrechts besteht“. Rüstungstransfers an Terroristen oder Kriminelle sind untersagt. Zusätzlich müssen sich die Staaten verpflichten, alles Nötige zu unternehmen, damit ihre Waffen nicht auf Umwegen in falsche Hände geraten. Eine Aufstellung von Export- und Importlisten, die von einem Sekretariat der Waffenhandelskonvention überprüft werden, soll den Handel transparenter gestalten. Bisher sind allerdings keine Sanktionen im Fall von Verstößen gegen diese Regeln vorgesehen. Das Abkommen basiert im wesentlichen auf den Konsens und Kooperationsbereitschaft der jeweiligen Regierungen. Die Vereinten Nationen können nur moralischen und politischen Druck auf einzelne Staaten ausüben.
Der Vertrag tritt nach 90 Tagen in Kraft, sobald ihn 50 Staaten ratifiziert haben. Damit wird bis Jahresende gerechnet. Russland als zweitgrößter und China als fünftgrößter Waffenexporteur hatten sich der Stimme enthalten. Dass sie den Kontrollvertrag mit unterzeichenen, gilt als unwahrscheinlich. Die USA, Rüstungsexporteur Nummer eins, haben erst mit Präsident Obama eine neue Linie eingeschlagen und befürworten nun offen die UN-Einschränkungen des Waffenhandels. Der interne Kampf mit der mächtigen hauseigenen Waffenlobby ist allerdings noch nicht ausgestanden. Die National Rifle Association (Nra) hat gestern dem amerikanischen Senat den Kampf angedroht, sollte der Vertrag ratifiziert werden. Ausfuhren aus Deutschland, Frankreich, England und Italien, alles traditionelle Produzenten von Kriegsmaschinerie, oder anderen EU-Staaten werden durch das Abkommen nicht beeinträchtigt, weil die bestehenden EU-Exportbestimmungen strikter sind als das neue Abkommen.
Obwohl wichtige Rüstungslieferanten wie China und Russland sich nicht dem Abkommen beugen werden und die Kontrollmöglichkeiten noch schwach ausgeprägt sind, begrüßte die Menschenrechtsorganisation Amnesty International das gestrige Votum der UN-Vollversammlung als „historischen Moment“. Als zufrieden über das Ergebnis bezeichnete sich auch der Heilige Stuhl, der einen ständigen Beobachter, den indischen Erzbischof Francis Chullikatt, bei den Vereinten Nationen hat. Seit dem Zweiten Vatikanischen Konzil weist die katholische Kirche auf die „ungeheure und unkontrollierbare Zerstörungen von modernen Waffen“ hin. Sie verdammte damals mit der Pastoralkonstitution „Gaudium et Spes“ den totalen Krieg. Heute ist sie strikter Gegner jeglicher Kriege und Gewalt. Chullikatt hatte noch letzte Woche auf der langwierigen UN-Konferenz gefordert, dass der Vertragstext „klar, glaubwürdig und gründlich sein muss, damit seine Wirkung tatsächlich und lang anhaltend ist für ein sichereres Leben der Menschen“.