Vicepremier Alfano gründet neue Rechts-Partei
Die Reaktion der Landespresse auf die endgültige Spaltung von Silvio Berlusconis konservativer PdL war überraschend lau. Offenbar sind die Italiener der Operette, die seit Anfang des Jahres die politische Schaubühne beherrscht, überdrüssig. Am Samstag hat sich Vizepremier Angelino Alfano nach langem Hin und Her von seinem Ziehvater Berlusconi losgesagt und eine eigene Partei gegründet. Die Bewegung Nuovo Centrodestro soll „die Zukunft Italiens sein, die neuen Rechtsliberalen“, verkündete Alfano optimistisch auf der Pressekonferenz.
Der 2009 von dem umstrittenen Unternehmer gegründete Popolo della Libertà (PdL) gilt als aufgelöst. Berlusconi hat seine Anhänger in der neu aus der Taufe gehobenen Alt-Bewegung Forza Italia um sich geschart. Das ist der letzte Versuch des im August letztinstanzlich verurteilten früheren Ministerpräsidenten, seinen Abschied aus der Politik zu verhindern. Noch diesen Monat soll das Parlament über seinen Mandatsentzug und seine Immunitätsaufhebung abstimmen.
Seit der Verurteilung hält Berlusconi den linksliberalen Koalitionspartner Partito Democratico (Pd) im Würgegriff und verhindert jegliche Reformen. Falls der Pd dem Mandatsverlust zustimmen sollte, würde er die Regierung stürzen lassen. Erst vor wenigen Wochen war Ministerpräsident Enrico Letta deswegen gezwungen, die Vertrauensfrage zu stellen. Er hatte diese mit Mühe und Not erhalten. Offenbar waren zu dem Zeitpunkt der Parteiflügel hinter Berlusconi noch nicht stark genug, denn der wankelmütige Politbonze stimmte in letzter Minute für Letta. Nun scheint die Zeit reif für eine erneute Attacke. Der Multimilliardär hat gerade 110 Mio Euro in seine neue Partei gesteckt und lanciert sein Comeback. Geld, Macht und Versprechen von Posten mögen entscheidende Beweggründe für die Überläufer auf Berlusconis Seite gewesen sein. Sie machen zwei Drittel der Parlamentarier des PdL aus, also die Mehrheit.
Alfano hingegen konnte vor allem Gemäßigte, Liberale und Katholiken abziehen, darunter vier Minister, insgesamt jedoch weniger als 60 Abgeordnete und Senatoren. Es sind insbesondere ältere, erfahrene Politiker, die während der absolutistischen Berlusconi-Herrschaft in der Partei in die zweite Reihe gestellt wurden. Außerdem sehen sie die Lebensdauer einer möglichen politischen Aktivität des 77jährigen Populisten als zu begrenzt, als dass es sich lohnen würde, sein medienwirksames Image auszuschlachten.
Als offizielle Begründung für die Abspaltung schob Alfano die Treue zum Koalitionspartner vor. Er wolle Letta in seinen Reformanstrengungen unterstützen und an der Bewältigung der Krise, vor allem an der Jugendarbeitslosigkeit arbeiten. Alfano betonte, dass der Parteisprössling Nuovo Centrodestra sich nicht nur in der Berlusconi-Frage von Forza Italia unterscheide, sondern auch eine eigene politische Identität haben werde. „Wir möchten ein neues Programm auf die Beine stellen. Wir treten dem Bündnis der Europäischen Volkspartei bei, sind aber mit dem bisherigen Europa nicht ein verstanden. Wir wollen „mehr Europa“, so wie wir in Bukarest gefordert haben….“
Die Kommentare der Presse sind gespalten. Während manche den Alleingang Alfanos, der als wenig charismatisch gilt, als chancenlos bewerten, hoffen andere auf frischen Wind am politischen Horizont. Sie sehen die Gründung der neuen Partei als wichtigen und unvermeidlichen Schritt einer „Entberlusconisierung“ der konservativen Kräfte, die nach 20 Jahren anstünde.